Kaum etwas ist heutzutage schwerer, als sich treff- und zielsicher um einen guten Ausbildungsplatz oder eine gefragte Arbeitsstelle zu behaupten.
Umso wichtiger ist es, sich dafür richtig gut verkaufen zu können und dem zukünftigen neuen Chef bzw. der zukünftig neuen Chefin “keine andere Wahl zu lassen”, überhaupt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.
Da ich mich selbst vor kurzem wieder in der Bewerbungssituation befand und weil ich in der Vergangenheit als potentieller Arbeitgeber damit zu tun hatte, über die “richtige”, “anmachende” Bewerbung zu urteilen, möchte ich an dieser Stelle die Vorzüge des Internetblogs nutzen und Tipps geben, wie man sich mit ein paar einfachen Kniffen gewinnend darstellen kann.
Egal, ob es sich um eine Bewerbung für einen Ausbildungsplatz oder eine Arbeitsstelle handelt: erlaubt ist Alles, was positiv auffällt und gleichzeitig einen geordneten Charakter darstellt.
Nicht nur Jugendliche boxen sich oft durch fehlerhafte Schreibweise sowie einen schlampigen Stil ins Aus und verstehen dann die Welt nicht mehr, warum ausgerechnet sie immer wieder Absagen erhalten.
Auch Erwachsene bräuchten keinen Groll gegen die “böse Welt” hegen, würden sie sich nur an die wenigen, aber unabdingbaren Bewerbungsregeln halten – und mit der Zeit gehen.
Zwei Fälle aus meiner Praxis:
1) Jahr 2004, Arzt, Anfang 30, sich über allen Dingen stehend – weil studiert – fühlend, optisch eine wunderbare Bewerbungsmappe aus hochwertigen Karton, Papier mit Wasserzeichen und teuren Studiofotos gefertigt.
Als ich diese Bewerbung zum Gegenlesen erhielt, überflog ich den Inhalt der ersten Seite, schloss sie innerhalb von ca. 5 Sekunden wieder und legte sie beiseite. – Würde diese Bewerbung so bleiben, hätte der Studierte nur bei einem legasthenischen, gänzlich unstrukturiertem Chef Chance auf eine Anstellung…
Meine damalige Ansage wurde seitens des Arztes mit den Worten “Das wurde bereits 3x Korrektur gelesen, ich wollte dir nur mal zeigen, wie eine Bewerbung in meinen Kreisen auszusehen hat!” versucht zu katapultieren, worauf ihn meine Erwiderung: “Ja, dann wohl von drei Blinden. Fakt ist: so bekommst du weder diese Stelle, geschweige denn überhaupt ein Vorstellungsgespräch.” in weitere Rage brachte:
1. Genickschuss: Es handelte sich um eine Bewerbung, die Ende 2004 für eine Anstellung ab Sommer 2005 geschrieben wurde. – Das Datum auf dem Anschreiben lautete jedoch: Dezember 2005 statt 2004.
Allein solche Kleinigkeiten können in so ziemlich jeder Branche einen sicheren Genickbruch bedeuten, da sie den Eindruck erwecken, beim Erstellen der Bewerbung nicht bei der Sache gewesen zu sein.
Chef denkt: ich laufe ggf. Gefahr, mir mit so einem fahrigen, unkonzentrierten Bewerber ein leistungsschwaches Ei ins Nest zu holen. – Absage! Es gibt noch Hundert Andere…
Tipp Nr. 1: Auf chronologisch passende Datumangaben achten.
2. Genickschuss: Trotz des studierten Hintergrunds quoll der Text im Anschreiben vor Rechtschreibfehlern, unnötigen Wortwiederholungen, grammatikalischen Fehlplatzierungen sowie einer Kraut-und-Rüben-Gestaltung nur so über.
Tipp Nr. 2: Bewerbungen immer von einem ehrlichen, erfahrenen Menschen vor dem eigentlichen Fertig machen bzgl. der Gestaltung und Formatierung kontrollieren lassen.
3. Genickschuss: Bei einem Bewerber, der bereits eine abgeschlossene Ausbildung / ein abgeschlossenes Studium in der Tasche hat und ggf. schon etwas Berufserfahrung sammeln konnte, interessiert es keinen Chef der Welt mehr, wer und was die Eltern des Bewerbers / der Bewerberin waren oder sind.
Tipp Nr. 3: Die Angabe “Eltern” im Lebenslauf hat ihre Daseinsberechtigung nur in Bewerbungen um einen ersten Ausbildungsplatz, nicht um einen Arbeitsplatz.
4. Genickschuss: Nach erfolgreichem Abschluss einer Ausbildung oder eines Studiums und ggf. einem (kleinen) bereits gemachten Berufsweg, will kein Arbeitgeber zuerst wissen, welche Schule vor Beginn der Ausbildung bzw. des Studiums besucht wurde.
Tipp Nr. 4:Den schulischen sowie bisher beruflichen Werdegang chronologisch rückwärts gehend verfassen.
5. Genickschuss: Die Angaben zur Person, Hobbies sowie die Zeiträume der einzelnen Tätigkeiten (Schule, Zivildienst, Studium, Zwischentätigkeiten, Weiterbildungen, “Berufslaufbahn”) waren in sieben Rubriken aufgeteilt.
Die Zeiträume wurden teils nur mit Jahreszahlen, teils mit Monat und Jahr, teils als vollständige Daten (Tag, Monat, Jahr) angegeben; die dadurch “verschobene” Optik machte das Lesen “unbequem”.
Tipp Nr. 5:In einer zeitgemäßen Bewerbung sollte es der Übersicht halber nur max. 4 Hauptsparten mit entsprechenden, zusammen passenden Unterteilungen geben:
– Persönliche Daten (Name, Geburtstag / –ort, Familienstand, Staatsangehörigkeit),
– Kenntnisse / Stärken / Interessen (Führerscheine / Berechtigungen, Fremdsprachen, persönliche Stärken, Computerkenntnisse, persönliche Interessen / Hobbies),
– Beruflicher Werdegang (Auflistung der einzelnen Anstellungen, Weiterbildungsmaßnahmen etc),
– Bildung (max. die letzten beiden besuchten Schulen: Abschlussklasse & Berufsschule oder Universität)
Bzgl. der Zeitangaben reicht es völlig aus, sich auf Monat und Jahr in Zahlen (bspw.: 08/2009 – 10/2011) zu beschränken.
6. Genickschuss: In manch “höheren” Berufen (mit einem hohen Potenzial von Oberflächlichkeit untereinander) mag es angebracht sein, ein “akkurates” Bild von sich beim Fotograf machen zu lassen und “Maß genau” ins rechte, obere Eck einzukleben.
Tipp Nr. 6: In “niedrigeren” Branchen, in denen eher Menschlichkeit und Lebensfreude zu erwarten sind, kann man bzgl. der Bildauswahl und Platzierung schon etwas lockerer sein. – Hauptsache, es zeigt den Bewerber / die Bewerberin in einer freundlichen, sympathischen, authentischen, je nach Branche auch etwas kessen, aber niemals in einer respektlosen, schlampigen oder anzüglichen Pose.
Eine weitere Möglichkeit wäre es bspw. auch, das eigene Bild als ganzheitlichen Seitenhintergrund einzusetzen und dieses per Transparenz dann etwas verblassen zu lassen.
Allerdings setzt diese Variante eine entsprechende Ursprungsgröße voraus, um klar dargestellt zu werden und könnte somit wiederum die Gesamtdatenmenge sprengen, soll die Bewerbung als eMail verschickt werden.
7. Genickschuss: Wird in einer Stellenausschreibung die Bewerbungsart schriftlich angegeben, lohnt es sich bei der Firma anzurufen und freundlich nachzufragen, ob man seine Bewerbung auch per eMail einreichen kann.
In einigen Fällen haben Arbeitgeber, bei der Eingabe ihrer offenen Stellen in den Jobportalen, nicht die explizite Wahlmöglichkeit per eMail sondern müssen sich auf das klassische Wort schriftlich beschränken.
Tipp Nr. 7: In der heutigen Zeit werden Bewerbungen bevorzugt per eMail geschrieben und akzeptiert. – Es verursacht weniger Porto- sowie Materialkosten und geht “fix ums Eck” zum Empfänger.
Deshalb sollte man über bestmögliche Word- sowie PDF-Kenntnisse und Wissen zum Einscannen von Zeugnissen etc am PC verfügen oder zumindest Jemand kennen, der damit versiert ist.
2) Jahr 2007, Speditionskaufmann, Mitte 30, sich ebenfalls als Oberchecker fühlend, bewarb sich bei mir initiativ (Bewerbung ohne direkte Stellenausschreibung) als Disponent.
Aufgrund mehrerer Bewerbungsgespräche kam dieser Kerl für einen Tag von Mitteldeutschland zu uns in den Süden und überreichte mir persönlich seine Bewerbungsmappe – hätte ich sie bereits im Vorfeld erhalten, hätte es mit mir keinen Termin gegeben:
8. – 12. Genickschuss: Seine Bewerbungsmappe bestand aus einem braunem Schnellhefter mit einem Deckblatt, auf dem etwas Standardtext geschrieben und ein normales, kleines, offensichtlich schon älteres Passfoto aufgeklebt war, gefolgt von “schnellen” Schwarzweiß-Kopien der Zeugnisse, die wiederum in Klarsichthüllen steckten.
Die braune Farbe der Mappe erklärte er mir als persönliches System, um die einzelnen Bereiche, für die er sich bei verschiedenen Firmen beworben hatte, überblicken zu können. – Außer Braun hatte er noch Schwarz, Grau und Weiß im Angebot.
Auch hier: Angabe der “Eltern” im Lebenslauf, weil man(n) sie so sehr liebte, schätzte und ihnen generell unendlich dankbar für Alles war. – Wie bereits erwähnt: Das interessiert Nicht!
Tipp Nr. 8: Bewerbungsunterlagen, die persönlich übergeben oder auf dem Postweg verschickt werden, sollten dem potentiellen neuen Arbeitgeber bereits beim entgegen oder aus dem Kuvert nehmen eine ansprechende Optik vermitteln und zu erkennen geben, dass sich der Bewerber / die Bewerberin mit der Firma selbst im Vorfeld auseinander gesetzt hat.
Neben der exklusiven Variante mit hochwertigen Bewerbungsmappen empfehlen sich auch sog. Clipmappen in verschiedenen Farben, aber auf gar keinen Fall (Niemals!!) Schnellhefter – noch dazu in Kombination mit Klarsichthüllen! –, die sofort erkennen lassen aus einem 100er-Sparpack vom Discounter zu stammen.
Klarsichthüllen verfügen zudem über den Nachteil der Spiegelung und als Chef hat man a) weder Zeit noch Lust sowie b) es auch überhaupt nicht nötig, für eine miserable Bewerbung einen Tanz gegen den Lichteinfall zu veranstalten, um den Inhalt zur Kenntnis zu nehmen, wenn noch ca. 50 Andere (besser gemachte) auf dem Tisch liegen.
Tipp Nr. 9: Bewerbungsfotos sollten möglichst aktuell sein. Sofern man sich nicht gravierend verändert hat (Frisur, Brille, Narbe, Bartwuchs, Bart ab etc), ist eine Toleranz von max. 1 Jahr Fotoalter zulässig.
Jeder Personalleiter und / oder Chef fühlt sich verarscht und damit respektlos behandelt, wenn er auf dem Papier einen “Jüngling” vorgestellt bekommt und sich letztendlich einem ca. 10 Jahre älteren, Drei-Tage-Bart-Träger mit etwas lichtem Haar gegenüber sieht.
Auch sollte man aus lauter Eitelkeit nicht zu vertuschen versuchen, dass man bspw. Brillenträger(in) ist, wenn man diese jeden Tag aufsitzen hat, aber für’s Bewerbungsfoto abnimmt und halb blind in die Kamera schielt.
Tipp Nr. 10: Bewirbt man sich bei einer Firma, signalisiert man, sich mit der zukünftigen Arbeitsstelle auch identifizieren zu wollen bzw. zu können.
Dies setzt voraus, dass man sich bereits im Vorfeld über das Portfolio des neuen, potentiellen Brötchengebers informiert.
In der heutigen Zeit, in der 99,9% aller Unternehmen über eine Website verfügen, eine ganz einfache Sache: Hat die Firma eine bestimmte Farbe? Wie ist das Logo gestaltet? Welche Schwerpunkte sind gesetzt?
Meine Firma lief ihrerzeit unter “blauer Flagge” … ich bekam einen braunen Schnellhefter in die Hand gedrückt.
Mein Logo hatte mich einiges an Ideenreichtum und Zeit gekostet … selbst die Wörter “Bewerbung” und “Lebenslauf” waren in 08/15 Standardschrift (lediglich vergrößert) gehalten.
Über Fontsportale im Internet kann man schier unendlich viele Schriftarten kostenlos herunter laden und einfach auf dem eigenen Rechner installieren.
Handelt es sich bspw. um eine mögliche Anstellung in einem kreativen, gestaltenden Beruf, in dem einem eine gewisse Portion gesundes Chaos zugestanden wird, sollte die Bewerbung (im Gegensatz zu einem Schlips-und-Krawatten-Job) nicht akribisch nach “Schema F” designt sein.
Umgekehrt kommt man natürlich nicht mit einer peppigen Eigenwerbung für bspw. einem Bankerjob weiter.
Tipp Nr. 11: Bewerbungen schreiben unterliegt natürlich auch einem finanziellen Aspekt, weshalb man sich auf jeden Fall immer überlegen sollte, ob und wohin es sich lohnt, eine qualitative Bewerbung zu schicken.
Wer sich in den “Fängen” des Arbeitsamtes befindet, hat es eigentlich gut, denn für jede Papierbewerbung werden einige €uros für Material und Porto erstattet.
Schwarzweiß-Kopien sind an und für sich in Ordnung, sofern sie eine entsprechende Qualität in Druck und Papier wieder geben. – Farbkopien bedeuten natürlich ein paar Pluspunkte mehr.
Tipp Nr. 12: Bewerbungsanschreiben niemals (!!) allgemein gehalten verfassen!
Sprich: Sehr geehrte Damen und Herren… vermeiden, sondern immer gezielt mit der gesamten Firmierung oder (falls bekannt) mit dem Namen des Personalbeauftragten / des Chefs ansprechen.
Tipp Nr. 13: Wird in einer Stellenausschreibung eine oder mehrere Fremdsprachen gewünscht und man ist dieser (annähernd) mächtig, sollte man es sich dennoch sehr gut überlegen, wie weit man sich aus dem Fenster lehnen kann.
Ist man in der gewünschten bzw. geforderten Fremdsprache akzeptabel sattelfest, kann bzw. sollte man dies auch in der Bewerbung präsentieren: entweder verfasst man das gesamte oder zumindest die Hälfte des Bewerbungsanschreibens in der Fremdsprache.
Bei mehreren Fremdsprachen erhält man sicher die erhoffte Aufmerksamkeit, wenn unterschiedliche Absätze in je einer anderen Sprache geschrieben sind.
Sicher: mit einem automatischen Übersetzungsprogramm lässt sich viel “schön hinbiegen”, aber spätestens beim Vorstellungsgespräch muss man “die Hose runter lassen” und der 1:1-Situation alleine gerecht werden…
Um eine Bewerbung ansprechend und Interesse weckend zu gestalten, braucht es wirklich nicht viel, wenn man die wenigen Tipps auf dieser Seite beherzigt. ;o)
*in diesem Sinn*
Gutes Gelingen und viel Glück,
eure Sandra