Und da ist er wieder: Der Tag an dem sich Alles und Jeder um den besten Freund des Menschen, das liebste Familienmitglied auf vier Pfoten bemüht und dreht und abgeht, als gäbe es kein Morgen mehr.
In den Hundevereinen jagt ein “Superevent“ das Andere, ein (angeblich) Alles rund um den Hund-Infostand reiht sich an den Nächsten, die Tipps und Tricks zu Erziehung, der richtigen Fütterung, die artgerechte Haltung – die es in Menschenhand sowieso für keine Tierart gibt – überschlagen sich.
Dienstleister jeder Art für den Hund hauen heute ihre allerbesten Angebote raus. – Nur das Beste und Tollste für den geliebten, geschätzten, respektierten Vierbeiner!
Der Meinungsaustausch über Kastration: Ja oder Nein?, Impfen: Ja oder Nein, Rüde oder Hündin? Welpe oder erwachsener Hund? Rasse oder Mischling? Vom Züchter oder aus dem Tierschutz? könnte kaum lebhafter sein. – Heute ist schließlich Tag des Hundes!
Wie lustig der Hund Grimassen schneiden kann! Guck mal, war das nicht grad voll süß, wie die miteinander gespielt haben und das, obwohl sie sich noch nie oder nur selten begegnet sind?! Ui, der Mensch hat sein Tier aber im Griff … Alle Achtung! Oje, der arme, arme Hund! Na zum Glück, ist er jetzt, im guten und besseren Deutschland bei einer so liebevollen und tierfreundlichen Person in den allerbesten Händen …
An keinem anderen der 364 bzw. 365 Tage im Jahr bekommt man soviel Hund geboten, wie Heute. Noch dazu an einem Sonntag!
Da muss man, da soll man, da kann man sich für Alles, was in direktem oder indirektem Bezug mit Kaniden steht, Zeit nehmen! – Wirklich für Alles?
Der Bürgermeister jagt von einer Zurschaustellung zur Nächsten, schüttelt hier Hände, setzt dort sein bestes Lächeln für die hochmotivierten Presseleute auf. – Ach, was wirkt er doch menschennah und so hundefreundlich!
Wie, die Bürgermeisterin hat gar keinen eigenen Hund? Donnerwetter, dass die sich dann ausgerechnet heute, am Sonntag, die Zeit nimmt! – Bei der nächsten Wahl (in x Jahren) hat sie meine Stimme! …
Gemeinderatsmitglieder – heute selbstverständlich rein privat unterwegs, versteht sich – huldigen das ach so vorbildliche, fachkompetente Engagement ihrer Anverwandten, besten Freunde, Kollegen und sehr guten Bekannten in Sachen Hund, am Rande seien auch die normalen Hundehalter zur Kenntnis genommen. Man erfreut sich am Anblick dieses besonderen Stücks Natur, welches sich so unglaublich einfach in das Miteinander mit dem Menschen fügt…
Natürlich, im Umgang mit dem Hund ist Weitsicht und Verstand geboten, denn auch wenn es viele Menschen nicht wahr haben wollen und verdrängen: ein Hund ist und bleibt ein Tier und Tiere können (wie Kinder) in ihrem Verhalten unberechenbar sein. Doch das interessiert Heute Niemanden, schließlich ist Tag des Hundes!
Ähnlich wie zu Muttertag, Weihnachten, Silvester und Großereignissen wie dieses Jahr bspw. die Männerfussball-WM in Brasilien: Jeder und Alles hat sich heute – am Tag des Hundes – lieb (zu haben)!
Plötzlich ist Alles still, man blickt erstarrt in Richtung Tür und Tor… Ach du heilige Scheiße!
Stimmt, die gibt’s ja auch noch! Darüber haben wir uns ja bislang gar keine oder nur sehr wenig Gedanken gemacht! … Wie und Wann auch, es gibt schließlich nur einen Tag des Hundes im ganzen Jahr und da kann man dann doch nicht wirklich an Alles denken!
Vor allem an Gegebenheiten, die etwas mehr Sicht, Verstand, Verständnis und Einsatz von einem abverlangen, als für bis zu zehn Stunden Veranstaltung Abläufe zu organisieren, Infomaterial auszulegen oder persönlich zu verteilen, sämtliche Mitwirkende zu koordinieren, immer zu Lächeln, ruhig zu bleiben, die Nerven zu bewahren, Informativ gefestigt zu sein usw. – Für die Öffentlichkeit muss man doch schließlich nur durch einen Tag des Hundes.
Auch der “Job“ des Besuchers eines Tag des Hundes-Events ist nicht zu unterschätzen: man muss gut aussehen, der mitgeführte Hund muss nicht nur ebenfalls schick sein, sondern sollte ausnahmsweise Heute auch mal von A bis Z gehorchen, damit ausgerechnet er einen nicht blamiert, Wissen muss man ausstrahlen, immer als Herr der Lage sollte man rüberkommen.
Dieses Jäckchen braucht man, jenes Buch muss im Regal stehen, dieses Spielzeug fehlt ebenfalls noch in Hundis Schatzkiste, die extrem gesunden Leckerlis bezahlt, am Imbiss noch schnell die hungrige Familienmeute ruhig gestellt – Am Tag des Hundes ist Alles ganz leicht und doch nicht so einfach …
Was man nicht Alles für seinen geliebten Vierbeiner auf sich nimmt!?!
Tja, liebe Leute: Heute ist also Tag des Hundes und somit, ganz genau genommen, ob’s euch passt oder nicht, ob ihr es versteht oder nicht: auch Tag der Hundesteuer!
*schlagartige Ruhe, erstarrte Gesichter, pure Hilf- und Ratlosigkeit in den Räumen, auf den Hundeplätzen, Spielwiesen, am Straßenrand*
Es scheint, als müssten sich alle Anwesenden kurz sammeln, gedanklich umswitchen: Wie argumentiere ich denn jetzt? Sage ich überhaupt etwas dazu oder bügel ich das Thema einfach durch Ignoranz, durch Schweigen, durch Preisgabe von Halbwissen – so wie immer halt – ab?
Stimmt, da war was mit einer Steuer die ich zahle, nur weil ich als privater Mensch einen Hund – oder mehrere – habe. Irgendwas ist damit … Nur Wie, Was und Wofür eigentlich genau? – Keinen Plan!
War das nicht schon immer so?! Zumindest wurde mir das so gesagt und was man mir bei der Stadt, bei der Gemeinde über die Gründe erklärt hat, klang für mich plausibel.
Warum sich also am Tag des Hundes auch mit der Hundesteuer beschäftigen?
Natürlich ist mein Hund mein bester – ach Quatsch – mein allerbester Freund und dazu überhaupt noch der Beste, den Mensch sich überhaupt vorstellen kann! Mich haben schon viele Menschen bitter enttäuscht, mein Hund noch nie!
Dass ich für ein Lebewesen und auf das Zusammenleben mit einem “Freund“, einem “Partner“, einem Spielkameraden (Spielzeug) für mein Kind, meinem tierischen Sportkollege, Bürobegleiter, Muntermacher und so vieles mehr, was ein Hund für den Menschen sein kann, Steuern zahlen muss, ist zwar schon etwas schräg und ärgerlich, aber scheinbar ist das wirklich so okay?
Ich kenne es nicht anders. Klar, sind mir Viele bekannt, die sich darüber auch ab und an aufregen, maulen, über all die vielen Kosten jammern und ja so viel gegen staatliches Unrecht tun würden, wenn sie denn nur könnten … doch im Endeffekt sind sie wie ich: Zahlen, hinter der Hand weiter maulen und nach vorne – wie am Tag des Hundes – hat sich jeder einfach nur ganz doll lieb (zu haben) !
Der Hund vom Züchter, ein Fell mit Wahnsinnsschicksal aus dem Tierschutz und den jeweils damit verbundenen Kosten, Aufwände etc. sind doch Beweis genug, wie sehr man sich mit und für den Hund Gedanken macht und Einsatz zeigt, oder?!
Nun ja, als Fazit des diesjährigen Tag des Hundes ziehe ich:
Würden sich all die “Wichtigen“ und “Engagierten“ und “Informierten“ sowie Nicht-Informierten auch nur für einen Bruchteil ihres heutigen Einsatzes mit dem Wieso, Weshalb und Warum der Hundesteuer befassen, die Protestbewegung unterstützen … das größte, asozialste, weil willkürlich gestaltbarste Steuerübel in Deutschland wäre – im übertragenen Sinn und Vergleich zur Vergangenheit – in Null komma Nix vom Tisch!
Haben wir Heute, am 01.06.2014, wirklich TAG DES HUNDES oder nur wieder einen > Tag der Heuchelei < mehr?!
*in diesem Sinn*
eure Sandra