Dass Möglichkeiten und Methoden der Internetbetrüger nahezu grenzenlos sein und aus völlig unerwarteter Richtung kommen können, davon hört und liest man immer wieder. Wie angreifbar jeder von uns ist, wird einem erst bewusst, wenn es einen selbst erwischt hat. …
Seit zwanzig Jahren bin ich bei eBay angemeldet, seit dreizehn bei eBay Kleinanzeigen; in Sachen Verkaufen und Kaufen übers Internet darf ich mich wohl zu Recht als ‚alten Hasen‘ bezeichnen, doch mit allen Wassern scheine ich noch lange nicht gewaschen zu sein. …
Neben den genannten Verkaufsplattformen nutze ich seit kurzem und lediglich für eine handvoll Dinge auch den Marketplace bei facebook, wobei mir dieser nicht so gefällt wie vorallem eBay, das Original. (Vorallem seit dieses von privaten Verkäufern keine Gebühren sowie Provisionen mehr verlangt.)
Am Wochenende erhielt ich über den Marketplace von facebook eine Anfrage, ob ein bestimmter Artikel noch da sei, was ich bejahte. Der sich entwickelnde Chat kam mir anfangs völlig normal vor, auch wenn sich die Interessentin – nennen wir sie Gabriella, eine gebürtige Ungarin – (angeblich) in England befand.
Statt, dass ich mich um den Versand kümmern müsste, erklärte sie mir, sie würde die Abholung durch den Service von Colisexpat in Auftrag geben, der nicht nur auf ihre (Versand)Kosten das Paket abholt, sondern mir auch den Kaufpreis übergeben würde. – Ich dachte mir noch: Was es heute nicht alles gibt?! … Nach einem Blick auf die Webseite von ColisExpat schöpfte ich (weiterhin) keinen Verdacht, dass irgendwas nicht mit rechten Dingen zugehen könnte.
Die Interessentin erfragte meinen Namen, die Wohn- und eMail-Adresse sowie den Kaufpreis. – Hätte ich hier schon hellhörig werden müssen? Dieser stand ja im Angebot drin! … Aber ok, das kennt man mittlerweile ja: Kaufinteressenten scheinen sich den Bildern, vielleicht auch noch auf einem Teil der Beschreibung zu widmen, aber das war’s dann auch schon mit der Aufmerksamkeit.
Im Rahmen dieser ganzen Aktion schien der Bezahlservice PayPal zu keinem Zeitpunkt von Interesse zu sein. Gabriella erklärte mir, da sie die Abholung über ColisExpat mit UPS organisieren würde, wäre lediglich eine Versicherungsgebühr von mir vorab notwendig, die ich allerdings bei Abholung des Paket, mit dem Kaufbetrag ihrerseits zurück erhalten würde.
Dieses gebrochene Deutsch, mal Du, mal Sie, schrieb ich ihren ausländischen Wurzeln und vermutlich einem Übersetzungsprogramm zu, was ich im Dialog mit Fremdsprachlern ebenfalls nutzte, wenn das Gespräch zu tief ging, als Alltags-Smalltalk. …
In der Tat kam kurz nach Bekanntgabe meiner eMail-Adresse eine (augenscheinliche) Mail in UPS-Aufmachung. Wie genau Mails von UPS aussehen, entzieht sich meinem Wissen, da ich mit Versand oder Erhalt durch UPS nichts zu tun habe. – DHL oder Hermes, für den Hausgebrauch reicht das.
Immer wieder hielt ich meine Familie, Freunde, gute Bekannte und Kollegen dazu an, Mails und WhatsApp-Nachrichten genau anzusehen und – Textfuchs, wie ich bin – auf eine ordentliche Schreibform zu achten … Meiner leichten Überforderung durch Kaufanfrage aus England und ColisExpat, irgendwie in Verbindung mit UPS, geschuldet, überging ich mich selbst … – Die eMail-Absenderadresse überflogen (expresseserviceups637), hätte mir das @gmail.com auffallen müssen! UPS hat es garantiert nicht nötig, mit einer gmail.com-Adresse aufzutreten! *an Stirn klatsch*
Für die Vorleistung der Versicherungsgebühr wurde ich „gebeten“ bei kartedirekt.de, einem Anbieter für Gutscheine und Geschenkkarte, eine sogenannte PCS MasterCard zu kaufen, den dazu gehörigen Code an UPS weiter zu geben, womit belegt werden könnte, dass die Versicherungsgebühr bezahlt ist. – PCS ist eine Kreditkarte, die im Voraus mit Guthaben aufgeladen wird und damit als Prepaid-Kreditkarte überall dort genutzt werden kann, wo auch die übliche MasterCard akzeptiert wird.
Ich gab den Code weiter und wenige Augenblicke hieß es: da die Übersendung des Codes zu lange gedauert habe, sei der Code für die UPS-Transaktion gesperrt und ich solle bitte nochmal 50€ zahlen, um den Code wieder frei zu schalten. – Jetzt wurde auch ich endlich/wieder hellhörig!
Auf mein Verlangen hin, DHL international zu benutzen, wenn (vermeintlich) UPS derartige Zicken macht, wurde gar nicht groß eingegangen. Außerdem habe man ja schon alles über UPS in die Wege geleitet, es läge nun ja nur an mir bzw. an dem jetzt gesperrten Code. …
Die (vermeintliche) UPS-Mail beinhaltete u.a. die Nennung des (angeblichen) Geschäftsführer von UPS Deutschland; UPS Deutschland hat derzeit eine GeschäftsführerIN! Gabriella schien zu allen meiner Zweifel eine Antwort parat zu haben – der in der Mail genannte Geschäftsführer sei der Assistent, die gmail.com Adresse sei eine von vielen, mit denen UPS kommuniziere und so weiter, und so fort.
Irgendwann war ich davon überzeugt, dass dies nur eine Art des Internetbetrugs sein konnte und stellte den Kontakt, heute mittag ein.
Aus reinem Bauchgefühl heraus, ließ ich meine Kreditkarte sperren und beantragte eine neue. Hierbei erfuhr ich auch, dass ich über ein Reklamationsformular meine geleistete Zahlung an kartedirekt.de zurück holen lassen kann.
Der Mitarbeiter am Servicetelefon gab mir auch noch den Hinweis, dass Internetbetrüger sich mehr und mehr auf „kleine“ Beträge konzentrieren, damit die Belastungen weder den Kreditkartengesellschaften, noch den Karteninhabern -schnell- auffällt. – In meinem Fall dürfte der ergaunerte 50€-Code für irgendeine Anschaffung oder Bezahlung eigener Sachen gedient haben.
Bei der Polizei vor Ort erkundigte ich mich, ob es Sinn mache, eine Anzeige gegen diese Betrugsmasche zu stellen? Diese Masche war an sich nicht neu, doch bislang „nur“ mit PrePaid-Karten für Spiele oder Handys, noch nicht als angebliche Vorauszahlung einer Transportversicherung.
Es ist nun 21:48 Uhr und wer nun meint, mit dem Kontakt einstellen meinerseits wäre das Ding gegessen, irrt …
Aktuell werde ich mit weiteren Nachrichten über den facebook Messanger belabert und nun sind wir sogar beim Status: BESCHWERDE GEGEN Sandra Zeller, per Mail eingangen von wwwpolitietsinterpol8@gmail.com:
Guten Abend Frau Sandra Zeller, soeben erreichte uns eine Beschwerde bezüglich Ihres Online-Verkaufs über UPS, die wir gerne besprechen möchten. Bitte kontaktieren Sie uns innerhalb der nächsten Stunden, da wir sonst zu Ihrer Adresse kommen müssen, um Sie vor Gericht zu bringen und zu erklären, dass wir Ihre Wohnadresse haben, die genau Oberdorfstraße 1A, 78315 Radolfzell am Bodensee, Deutschland ist
und auch „Gabriella“ erklärte mir gerade, dass „sie“ eine Beschwerde eingereicht habe und wir uns vor Gericht sähen…
Ok, also jetzt geht es wohl nicht mehr „nur“ um Geld abziehen, nun versucht man (mich) mit Drohungen einzuschüchtern – es sei ihnen nachzusehen, sie können ja nicht wissen, mit wem sie es zu tun bekommen haben …
*in diesem Sinn* : wenn ihr Artikel über Internetplattformen verkauft, bleibt bei euch vertrauten Versanddienst’lern und lasst euch auf keinen Fall dazu hinreissen, dass euch irgendwas „abgenommen“ wird und geht als Verkäufer/Versender schon gar nicht, mit auch nur einem Cent, für irgendwas in Vorleistung!
Sollten die Clowns weiter machen, halte ich euch hierüber auf dem Laufenden. * versprochen *
Eure Sandra