Durch die Tumorentfernungs-OP trägt man i.d.R. ein Lymphödem davon, welches mit viel Glück sowie regelmäßiger, kompetenter Lymphdrainage gut im Griff zu halten ist.
Ein ganz wichtiger Aspekt in Bezug auf Lymphödeme ist, den Bereich des zerstörten Lymphsystems frei von Verletzungen zu halten.
Egal, ob eine kleine aufgekratzte Hautstelle, einen juckenden Mini-Schorf, an dem man gedankenverloren kratzt, einen Riss in der Haut durch irgendwo hängen bleiben oder spielen mit Haustieren: sobald die Haut geöffnet ist, können sich Bakterien einnisten und etwas sehr, sehr, sehr, sehr ekelhaftes in Gang setzen: ein sogenanntes Erysipel.
Ein Erysipel (auch Wundrose genannt) ist eine bakterielle Infektion der oberen Hautschichten sowie Lymphwege, dessen Entwicklung man am Anfang eigentlich gar nicht so wahr, geschweige denn ernst nimmt. Vor allem, wenn man gelernt hat, über mehrere Jahre immer wieder mit „irgendeinem neuen Scheiß“ klarkommen zu müssen. Im weit fortgeschrittenen Stadium begrenzt es sich gerötet scharf auf einen bestimmten Bereich – meist über die Fläche des gestörten Lymphsystems.
Gegen Ende Januar fing mein rechter Arm nachmittags unter dem Kompressionsstrumpf zu jucken, was im Grunde nichts Neues oder Komisches war. Auch, als sich minimale kleine, gerötete Flecken zeigten, schob ich dies auf eine vorübergehende Empfindlichkeit meiner Haut oder eine kurzfristige Reaktion auf irgendwas, das meinem Organismus mal wieder nicht schmeckte.
In diversen Brustkrebsbeiträgen weise ich auf kurzweilige Hautreaktionen hin, für die selbst die Ärzte eigentlich nie eine Erklärung hatten, die genauso schnell wieder weg waren, wie sie auftauchten und kein zweites Mal kamen.
Als sich mein Arm allerdings auf Abend zugehend weiterhin nicht wieder beruhigen wollte, aus rötlichen Miniflecken ein zunehmend weitläufiger, geschwollener und heißer Flächenbrand wurde, wurde auch mir etwas anders … Diese Dimension einer Hautreaktion hatte ich in den letzten sieben Jahren tatsächlich noch nicht erlebt.
Instinktiv lagerte ich meinen Arm fürs Erste auf große Kühlpads und – war ja Samstag … – überlegte, ob und was ich als Nächstes tun könnte, sollte, müsste? Mit weiter steigenden Schmerzen und Wärme war ich kurz davor selbst einen Rettungsdienst zu rufen, doch wohin mit meinem Fell? Im Gespräch mit einer lieben Bekannten, bot sie mir an (es war bereits gegen 22 Uhr), mich ins Krankenhaus zu fahren. Durch eine um die Ecke wohnende Freundin, die zwei Tage später in den gebuchten Urlaub fuhr, war schließlich auch mein Fell notversorgt.
Tja, was soll ich sagen? „Natürlich“ wurde ich – mal wieder ohne Ersatzklamotten, Hygienezeug etc. – im Krankenhaus einbehalten! Denn was ich bis zur Notaufnahme nicht mitbekommen hatte: Die Entzündung hatte sich zwischenzeitlich auf den gesamten Oberkörper sowie eine kleine Rückenregion ausgebreitet.
Die Therapie ab Aufnahme bis zu meiner (eigenen) Entlassung Montagvormittag bestand aus mehrmaliger Antibiotikainfusion sowie mehrmaligem Wechsel kalter Desinfektionswickel im Tag- und Nacht-Rhythmus.
Für die Zeit nach dem Krankenhaus erhielt ich noch eine gute Woche Antibiotika in Tablettenform und musste mich entsprechend beim Hausarzt vorstellen.
Die Ursache meines Erysipels? Irgendwann am Abend des Vortages hatte ich mir wohl mindestens einen, wenn nicht sogar alle drei kleine juckende Wundschorfe am rechten Ellbogen aufgekratzt.
Also, Freunde, wenn auch ihr ein – wodurch auch immer – geschädigtes Lymphsystem habt, nehmt die Warnung eurer Ärzte und / oder Physios ernst, auch die kleinste Wunde sofort entsprechend zu versorgen bzw. lasst es erst gar nicht so weit kommen.
Ich weiß, wie viel Disziplin dies fordern kann, doch glaubt mir eins: Wer noch kein Erysipel hatte, sollte es wirklich, wirklich nicht darauf ankommen lassen!!
Im Glauben, das Januar-Erysipel blieb das Einzige, womit ich es in meiner Krebskarriere zu tun bekommen hatte, wurde ich bereits Mitte Oktober eines Besseren belehrt:
Dieses Mal ohne die kleinste Hautläsion, entwickelte sich ca. drei Stunden nach Genuss eines österreichischen Nudelgerichts mit karamellisiertem Industriezucker Erysipel Nr. 2: Start wieder am rechten Arm, Rötungen über den Oberkörper nach Links mit scharfen Abgrenzungen, durch die Hautspannung etwas schmerzhaft, heiß und leichter Juckreiz. – Und wieder an einem Samstag! *nerv*
Im Januar gelernt, kühlte ich die Stellen bestmöglich nicht nur mit Kühlpads, sondern mit desinfektionsmittelgetränkten Kompressen, wodurch nicht nur die Kühlung, sondern auch der Flüssigkeitsbedarf der Haut berücksichtigt wurde; mit Paracetamol und Ibu im Wechsel hielt ich die Schmerzen sowie Entzündung in Schach. – Auf gar keinen Fall wollte ich wieder ins Krankenhaus!
Mit meinen Maßnahmen rettete ich mich schließlich über den Samstag und fuhr Sonntagmorgen freiwillig ins Krankenhaus in die gut 15 km entfernte Nachbarstadt. – Radolfzell hat seit Sommer ’23 kein eigenes Krankenhaus mehr, dafür erhielt ebendiese Nachbarstadt den Zuschlag für ein zweites…
Natürlich hätten die mich am liebsten gleich wieder einbehalten, doch dieses Mal war ich in Sachen ja Erysipel „geschult“ und konnte entsprechend reagieren, respektive argumentieren. Natürlich unterschrieb ich, dass ich in Eigenverantwortung auf ärztliche Behandlung im Krankenhaus verzichte. Mir war nur wichtig, ausreichend Antibiotika zu bekommen bis ich schließlich Montagmorgen wieder zu meiner Haus-Doc konnte.
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Mittlerweile gehe ich davon aus, dass sich in meinem Körper eine chronische Entzündung befindet, die sich Zeitpunkt sowie Ursache ihres Ausbruchs selbst aussucht und der wir – meine Ärzte und ich – noch sowas von machtlos und rätselnd gegenüberstehen.
Im November durfte ich meinen 50. feiern. Neben vielen herzlich willkommenen Gratulanten wanzte sich nach nur fünf Wochen (!!) Ery-Arsch Nr. 3 an mich und bestand darauf, von meiner Feierlichkeit etwas abzubekommen … – Komischerweise trat es wieder ca. drei Stunden nach Genuss eines kleinen Stücks eines gekauften Geburtstagskuchens auf?!
An meinem Geburtstag besprach ich mich vormittags mit meinem Onko-Doc über die anstehende vierte Runde.
Als wir uns verabschiedeten, zeigte er auf meinen rechten Arm (ich trage sehr viel T-Shirt) und meinte noch, ich solle auf ihn achten: an Innen- und Unterseite des Unterarms waren wieder kleine rote Flecken sichtbar, die sich im Lauf der nächsten etwa zwei Stunden schließlich zum mittlerweile bekannten hautspannenden, heißen, juckenden Flächenbrand formierten.*NERV*
Glück im Scheißdreck: es war donnerstags und so konnte ich direkt zu meiner Hausärztin, statt wieder ins Krankenhaus. Nach Eintritt in den Behandlungsraum und erstem Blick auf meinen Arm, schob es sie erst mal geschockt und ungläubig zugleich gegen die Liege, um sich abzustützen. Es dauerte eine kleine Weile, bis sie wieder Worte fand … Kenn‘ ich.

Durch den frühen Behandlungsbeginn bekamen wir das Erysipel soweit in den Griff, alsdass es mich bei meiner Geburtstagsfeier (zwei Tage später) weder sonderlich dehnungsschmerzbehaftet noch glühend heiß einschränkte.
Allgemein blöd: die vierte Chemotherapie war ja bereits klar, musste allerdings aufgrund der erneut notwendigen Penicillinkur (dieses Mal ganze zehn Tage!) um mindestens zwei Wochen verschoben werden. – Bei derartigen Planänderungen geht selbst mir zeitweise der Puls; jede Verzögerung gegen Krebs kann diesem Aufschwung bringen …
Lassen wir uns überraschen, ob und wann der nächste Ausbruch kommt oder ob wir die Entzündung nun erst mal in ihre Grenzen verwiesen haben?
Einen Allergietest kann ich mir aktuell gesundheitlich nicht leisten: durch die nun laufende Chemo ist nicht nur mein Immunsystem, sondern auch die Wundheilung wieder im Keller. Allergene kann ich mir in diesem Zustand nicht in die Haut stechen lassen.
*in diesem Sinn*
eure Sandra
Liebe Sandra
Ich schaue immer wieder in Deinen Blog hinein ,- bete und hoffe , dass es Dir ganz bald wieder besser geht .
Dieter und ich denken an Dich , und wünschen Dir nur das Beste
Ich hänge Dir ein Video mit an ….
Möge der Rucksack gefüllt sein mit Gesundheit , Mut , Kraft und ganz viel Herz . Deine 2 Petra und Dieter
https://youtu.be/NLLWwTvwRIg?si=dWadu0okDRbFxXr1