Es gibt Dinge im Leben, die einem so gar nicht liegen und bevor der Schuss – vorprogrammiert – nach hinten los geht, lässt man lieber konsequent die Finger davon. Dann wiederum gibt es Situationen, denen man schlichtweg aus dem Weg geht oder zu gehen versucht, weil man eigentlich keine Ambition dafür hegt (ein Termin, eine Party und ähnliches), welche sich allerdings, wenn man sich doch darauf eingelassen hat, als sehr positiv entwickeln. Im Nachhinein muss man sich eingestehen: hätte man diese Erfahrung verpasst, wäre es doch sehr bedauerlich gewesen. – Wer kennt es nicht?
Die „Partys“, deren „Einladungen“ ich seit meiner Jugend immer ausgeschlagen hatte – zumindest wenn es darum ging, die Versorgung und damit die Verantwortung für „Kleinzeug“ zu übernehmen – liefen unter den Motti Vögel und Kleinnager. „Kleinscheiß“ ging aufgrund diverser Kindheitserfahrungen gar nicht; alles unter Katzen- bzw. Yorkie-Größe war völlig indiskutabel.
Nichts desto trotz, meine Erziehung bringt es mit sich, dass ich die Letzte bin, die sich im Bedarfsfall keinen Kopf für eine Lösung zu einem Problem macht und bei absolutem Not-am-Mann auch mal selbst einspringt. (Gilt sowas von nicht für „Federvieh“!)
Die „Party“, auf der ich mich seit gut sechs Wochen austobe, steht unter dem Motto Goldhamster und ich muss zugeben: Wider Erwarten macht es sehr viel Spaß, ist hochinteressant und es wäre wirklich schade gewesen, hätte ich mir dieses Erlebnis entgehen lassen.
Nicht, dass ich es zur Zeit mit dem ersten Hamster meines Lebens zu tun hätte: Mitte bis Ende der 1980er lief im TV die Spielshow ‚Vier gegen Willi‘, die einen Run auf Goldhamster provozierte – auch meine kleine Schwester war dabei. Wie ein Goldschatz gehütet, durfte ich erst nach dessen Ableben an ihn heran – seine „Entsorgung“ bekam meine Schwester nicht gebacken.
2009 behielt ich einen Hamster ein, der mir „zur Pflege“ übergeben wurde, als eine Bekannte meinte, sich, ihre vier Kinder und den Molosser vor dem damaligen Lebensgefährten in Sicherheit bringen zu müssen. (Pack schlägt sich, Pack verträgt sich: kurze Zeit später wurde geheiratet und Kind Nr. 5 von Mann Nr. 3 war unterwegs…)
Der Hamster wurde mir bei einem Besuch von den Kindern freudestrahlend mitten am Tag, aus dem Schlaf gerissen und aus dem Einstreu (in das er sich mangels Häuschen eingegraben musste) ausgegraben präsentiert. Ich entdeckte zwei Knoten am Körper des Tieres, worauf mir die Mutter mit Schulterzucken antwortete. Von daher bot es sich kurze Zeit später regelrecht an, den Hamster als verstorben zu deklarieren, um seine Rückkehr in die Hölle zu verhindern.
Ich war damals, zugegeben, auch kein Hamsterexperte, geschweige denn mit Herzblut bei der Sache. Er erhielt Mindestversorgung, viel Ruhe und lebte noch ca. 6 Monate.
* hüpf * 2018
Gegen Ende August erhielt ich den Anruf einer Bekannten (nennen wir sie „Mike“), die mit psychisch kranken Menschen arbeitet: Die Belegschaft bemühe sich um ein neues Zuhause für den Hamster eines Erwachsenen, der sich (mal wieder) ein Tier ohne Wissen seiner Betreuer zugelegt hatte und nun, wenige Wochen nach Anschaffung, damit derart überfordert sei, dass er es am liebsten sofort entsorgen wollen würde. – Sie suchten schon eine Weile nach einem Platz, Mike und ich kannten uns allerdings erst seit Kurzem.
Keine Ahnung warum, ohne viel und lange zu überlegen („entsorgen“ ging gar nicht, ein anderer, echter Hamster-Mensch fiel mir auf die Schnelle nicht ein), sagte ich zu, den Kurzen zu übernehmen, woraufhin sein Umzug für den nächsten Tag arrangiert wurde.
Da ich nur gesagt bekam, der Betreffende würde Alles mit abgeben (müssen), wären zumindest Käfig & Co. schon mal vorhanden. Zu Hamstermodell, dessen Alter, Art des Habitats, Größe und Einrichtung sowie zu dem ganzen Drumrum (Futter, Einstreu etc.) konnte Mike nichts sagen. Bevor ich also mit etwaig Einkäufen auf die Nase fiel, musste ich den Folgetag abwarten. Soweit ich erfuhr, wohnte der Vorbesitzer im gleichen Stadtgebiet wie ich, sodass es zur Streßminimierung für das Tier eigentlich ein Leichtes (und Besseres) gewesen wäre, vorbei zu fahren, Alles einzupacken und ab. – Eigentlich.
Am Tag der Übernahme rief Mike an, es gäbe eine „Planänderung“: der Vorbesitzer habe das Tier mit Sack und Pack bei ihr im Büro, in der fast 20km entfernten Nachbarstadt abgegeben.
Bei Mike im Büro angekommen, war ich trotz der Gesamtsitutation positiv überrascht, was sich in Sachen Hamsterheime getan hatte: statt dieser kleinen Plastikkäfige und gefährlichen Plastiklaufräder stand ein Gebilde aus Glaswanne mit Gitteraufsatz vor mir, nach dessen Namen (Nagarium) ich später erst mal googeln musste. Aus dem Sammelsurium mitgegebenem Zubehör holte Mike ein Holzrad zum Aufstellen aus einer der Taschen, welches dem kleinen Kerl nachts weg genommen wurde, weil es „störte“. Die allgemeine Gestaltung des Habitats ließ nicht sonderlich viel Abwechslung für das Wohlergehen eines dämmerungs- und nachtaktiven Hamsters erkennen.
Als Mike mir den Namen des Tieres sagte, machte sie keinen Hehl daraus, dass sie diesen (zurecht) unpassend fand und fragte mich, wie ich ihn nennen würde? Gute Frage. Hamster?!
Warum auch immer, kam mir ein Igel in den Kopf, der mir an einem Freitag Morgen im Winter 2009, über den Weg kam, den ich versuchte aufzupäppeln, doch der schon so krank war, dass ich (ihn) nur verlieren konnte… Ihn hatte ich damals Freitag getauft, warum den Hamster also nicht Dienstag nennen? – Kleiner Dienstag. 🙂
Egal, ob Hunde, Katze oder eben Hamster: wird ein Tier aus – sagen wir mal – nicht ganz so gelungener Haltung geholt (und ist der bisherige Halter damit einverstanden), fasziniert es einen doch immer wieder, wenn man schließlich noch einen Zettel überreicht bekommt, was wie zu tun und worauf, warum, wann und wie zu achten ist. Unter anderem: Laufrad wieder reinmachen.
Zwerg Nase war derart gestresst und angepisst, dass ich das erste Mal in meinem bisherigen Leben ein domestiziertes Kleintier auf höchster Aggrostufe mit Fauchen und alles was dazu gehört erlebte, als ich ihn – bei mir angekommen, das Nagarium so schnell und soweit wie zwingend notwendig wieder hergerichtet – aus der Transportbox in sein gewohntes Habitat zurück setzen wollte. Mit Hängen und Würgen, Box an das Türchen gehalten, mit der Hand vor etwaigem Absturz sichernd, schaffte ich es irgendwie, den Kleinen „nach Hause“ zu bringen, ohne ihn zu verletzen oder von ihm gebissen zu werden.
Nachdem Ruhe eingekehrt war, um dem Kurzen seine weitere „Landung“ zu ermöglich und selbst wieder aufs Laufende zu kommen, ob und was sich in Sachen Hamsterhaltung noch zum Tiergerechten verändert hatte, machte ich mich nach einer ersten Internetrecherche auf den Weg zum Fressnapf in Radolfzell und wurde ein weiteres Mal positiv überrascht, als ich an eine Verkäuferin kam, die hamstertechnisch extrem auf Zack ist und mir viele super Tipps sowie Infos geben konnte. – Herzlichen Dank an dieser Stelle, Bianca!
Wie sich mein Lernen für und mit Kleiner Dienstag bis Heute weiter gestaltete und wo wir Heute, gut sechs Wochen später gemeinsam stehen, erfahrt Ihr ab dem nächsten Eintrag.
*in diesem Sinn*
Eure Zeller