Freitag, Mai 23
Shadow

Zeller vs. Krebs IV & Pflegestufe

Zwischen der letzten Suppe von Runde 3 zur Ersten in Runde 4 lagen genau zwei Jahre wieder „unbeschwert“ leben: 05.12.22 – 05.12.2024; seit über zwanzig Wochen befinde ich mich in einem weiteren Verlängerungsduell um mein Leben. – Hört sich dramatisch an? Ist so!

Am meisten werde ich gefragt, wie lange ich dieses Mal ran muss? Antwort: Solange, bis einer von uns (wieder) einknickt.

Durch puren Zufall bekam ich nicht nur meine Lebenslinie gezeigt sondern auch erklärt: zumindest scheint die Zeit mit meinem Hund bis zu dessen Ableben (vor mir) gesichert. Mehr muss ich nicht wissen.

Den ersten Beitrag zur Realisierung der nächsten Runde schrieb ich Anfang November: zwei Tage nach dem bestätigenden Kontroll-CT, dreizehn Tage vor meinem 50., fünfzehn Tage vor der dazugehörigen Feier … Und eines kann ich euch sagen: es gab nicht nur Tränenfluten, sondern auch ein ordentliches Donnerwetter, wodurch verschiedenste Veränderungen stattfanden, wovon einige rückblickend mehr als überfällig waren.

Das Mittel der Wahl heißt erneut Trodelvy. Am Chemotag bin ich wie abgeschaltet, habe allgemein ein extremes Ruhebedürfnis, die körperliche Belastung ist abermals kein Sonntagsspaziergang, die mentale macht mir dieses Mal allerdings so richtig zu schaffen.

Was mein soziales Umfeld angeht, bin ich mittlerweile mit so tollen Menschen gesegnet, wie man sie sich nicht besser erträumen könnte. Vor allem liegt mir ja die Versorgung meines Fells an den Chemotagen am Herzen, damit er rauskommt und ich meinen „Rausch“ ausschlafen kann. ;o)

Ihr Lieben, die uns immer wieder zur Seite stehen: ich habe das Gefühl, euch gar nicht genug  DANKE!  sagen zu können, ihr seid die absoluten Burner! Und natürlich werde auch ich euch, so gut ich kann, jederzeit helfen.

Die Pause zwecks Fistel-OP (Nr. 5) starteten wir Ende Januar mit einem Tumormarker von 30. Bei Wiederaufnahme Anfang April stand er bei 72 – okay, kein Wert, der mich jetzt das Fürchten lehrt. Dass er allerdings an Tag 8 der Einheit* und trotz der Suppe an Tag 1 auf 114 gesprungen war, ließ mich doch schlucken. – Kommenden Freitag (25.4.) hat die „Cocktailbar“ wieder für mich geöffnet und ich bin tatsächlich gespannt, wo der Tumormarker dann steht.

Meine Kompromissbereitschaft, mich im persönlichen Umfeld mit mich anstrengenden Menschen abzugeben oder mich im Rahmen von Freundschaften in Bezug auf Gemeinsamzeit immer wieder vertrösten und/oder auf Termin setzen zu lassen, ist bei null angekommen: verschiedene mehrjährige Freundschaften wurden komplett eingestellt, auf nette Nachbarschaft runtergestuft und ein Familienmitglied 1. Grades hat es sogar, bis auf die Teilnahme an meiner WhatsApp-Krebsgruppe, zur kompletten Kontaktsperre geschafft.

Zu den Ereignissen, Hintergründen & Erkenntnissen folgt ein separater Eintrag zum Thema Selbstfürsorge durch Achtsamkeit. Das mentale Rodeo der letzten Monate hatte es wirklich in sich und mich nicht nur wieder viel über mich, sondern auch das Erkennen und Entfernen von toxischen Menschen gelehrt.

Mitte Februar ’25.

Eine der wenigen „Besonderheiten“ der vierten Runde ist wohl mein Entschluss, mir Eitelkeiten zu erlauben. *grins*

Eine dieser „Eitelkeiten“ liegt schlichtweg darin meine Perücke öfter zu tragen, bei Ausfall der Augenbrauen diese nachzumalen sowie Kajalstift und Lipgloss zu nutzen. Für die Meisten kein großes Ding, für mich doch etwas abenteuerlich. *lach* Chemozombie (haarlos, figurlos, undefiniert) war ich jetzt wirklich oft genug! 

Apropos mentales Rodeo: die Zeit zwischen den Jahren wollte ich möglichst effizient nutzen und setzte mich fokussiert mit Vorsorge, Testament usw. auseinander, was allerdings den Effekt hatte, dass ich mich selbst in ein tiefes Loch manövrierte und eine extrem depressive Episode provozierte. Böser, blöder Fehler! Vorsorgevollmachten sowie Patientenverfügungen waren am einfachsten umgesetzt, das notarielle Testament glich auch keinem Hexenwerk, was nun noch fehlt, sind individuelle Verfügungen für die verschiedenen Varianten der Löffelabgabe.

Tipp: Das notarielle Testament empfiehlt sich, wenn ihr die gesetzliche Erbfolge außer Kraft setzen wollt. Habt ihr keine besonderen Vermögenswerte (im In- und/oder Ausland) muss der bestimmte Erbe zudem keinen gebührenpflichtigen Erbschein beantragen. Bei mir spielte die persönliche Faulheit, das Testament ordentlich handschriftlich zu verfassen sowie ein paar unklare Formulierungen mit rein, damit alles rechtssicher ist. ;o)

Mein Testament war sehr einfach umzusetzen: im Vorfeld machte ich mir Gedanken und Notizen, womit ich mir schließlich einen Termin beim Notar geben ließ; die Beratung war eine große Hilfe.

Tipp: Ein Notar ist ein Anwalt mit notarieller Zusatzqualifikation (zusätzliche Studienzeit: 3 Jahre), weshalb man für ein Testament genau genommen keinen Fachanwalt für Erbrecht nehmen muss. Die Gebührenordnungen der Anwälte ist deutlich höher (freiberuflich) als die der Notare (angestellt beim Land), wodurch der niedrigere Kostenpunkt des notariellen Testaments ein deutlicher Vorteil ist. – Mein notarielles Testament kostete mich, inklusive einmaliger Verwahrgebühr beim Nachlassgericht, keine € 200,00. Bei einem Anwalt wäre das vielleicht gerade mal – zum Teil – das Beratungshonorar?

So … ja … mal überlegen … 2017 Erstdiagnose & Therapie: > 2018 Karpaltunnel-OP vor AHB nach Krebstherapie: > Zurück ins Leben & Wiedereingliederung in den Beruf, mehrere Anläufe nötig, durchgeknallte Arbeitgeber erwischt: > 2018 bds. Salpingektomie, zur Risikominimierung eines Ovarialkarzinom: > 2019 ordentliche Teilzeitanstellung nach Odyssee finden: > 2020/21 nach 13 Jahren Singlesein siebenmonatige Beziehung mit einem infantilen Egomanen: > 2020/21 mutiertes Rezidiv & 2. Therapie: >  2021 immer wieder unerklärliche Schmerzen am Po, die ein Jahr als Fissur befunden und behandelt wurden: > 2022 direkt im Anschluss der 2. Runde erneute Mutation der Zellen & 3. Therapie: > 2022 Schmerzen am Po mit Kreislaufkollaps, im Krankenhaus einbehalten worden, Ad hoc-OP von Fisteln: > 2022 Teilzeitanstellung durch Chef-Cholerik „mal eben so“ gekündigt bekommen (m. Abfindung): > 2022 zwei weitere Fistel-OPs: > 2022 ungerechtfertigt aus Physiopraxis geworfen worden, Suche nach neuer Praxis: > 2022/23 Lymphödem eskaliert: vierwöchige Reha mit Hund im Winter in Thüringen: > 2023 Einstufung in volle Erwerbsminderungsrente > 2023 vierte OP zur finalen Fistelversorgung > 2023 neue Physiopraxis für Lymphdrainage gefunden: > 2023/24 Aufbau einer neuen Lebensphase: u.a. über zehn Monate Anstellung in Rahmen der vollen EMR (eine Respektlosigkeit, die sich keiner geben muss): >  2024 erneute Neuorientierung, weitergehender Selbstfindungsprozess, regelmäßige Inanspruchnahme der psychosozialen Krebsberatung: > erneuter Verlust der Lymphdrainage, Therapeutin wurde ungerechtfertigt gekündigt, drei Monate keine Versorgung, darauffolgend äußerst lückenhaft, Physiopraxis erneut gewechselt: > 2024 fünfte Fistel-OP für Herbst geplant: > 2024 gute zwei Wochen vor 50. Geburtstag erneut Knubbel im Hals fühl- und sichtbar, Rezidivbestätigung durch Kontroll-CT: > 2024 fünfte Fistel-OP verschoben, vierte Chemotherapie hat Vorrang: > 2024 „Winterputz“ im persönlichen Umfeld: > 2025 bei Wunsch-Therapeutin in neuer Praxis für Lymphdrainage unterkommen: : > 2025 erneute Fistelbeschwerden, OP notwendig (innere Abszessbildung), Chemo wird für neun Wochen unterbrochen: > 2025 Wiederaufnahme der Chemo …. Interessante acht Jahre, die deutliche Spuren in allen möglichen Facetten hinterlassen haben.

Sich immer wieder selbst motivieren, die schönen Momente und Seiten zu sehen, zu genießen, den Akku aufladen kostet richtig Kraft. Kraft, die man sich von nichts und niemandem anderweitig absaugen lassen darf! Zum Selbstschutz gilt: Wer und Was nicht gut tut kann nicht weg, sondern muss weg!

Mehr interesse- und neugierdehalber befasste ich mich mit der Frage, ob ich mich bereits in einem pflegestufenwürdigen Zustand befände und stellte entsprechend einen Antrag bei der Pflegeversicherung. Da ich erst 2024 meine Krankenkasse gewechselt hatte musste noch der Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung geklärt werden.

Hinweis: Bei der Pflegeversicherung handelt es sich um eine eigenständige sozialgesetzliche Versicherung, aus der man nur Leistungen erhält, wenn man innerhalb der letzten zehn Jahre vor Antragstellung mindestens zwei Jahre  – bspw. durch eine sozialversicherungspflichtige Anstellung mit gesetzlicher Krankenversicherung – eingezahlt hat. (Lohnzettel: PV-Anteil)

Was die Begutachtung zur Pflegeeinstufung betrifft braucht man sich wirklich nicht verrückt machen (lassen). Der Antragsteller muss ja erst mal in seinem Umfeld kennengelernt werden, weshalb die erste Begutachtung i.d.R. persönlich stattfindet. Ändert sich eine erhaltene Pflegestufe, beurteilen die Gutachter oft anhand eingereichter Unterlagen, das ist die sogenannte prognostische Beurteilung, wobei auch die möglichen sowie zu erwartenden zukünftigen Veränderungen berücksichtigt werden.

Mit Voraussicht sowie basierend auf allgemein bekannte Erfahrungswerte, welche Veränderungen im Rahmen meiner Krankheit erwartet werden könn(t)en, erhielt ich aus der Kombi von persönlicher wie prognostischer Beurteilung – nach einem absolut unspektakulären Prozedere (Antragstellung, Begutachtung, Bescheid) – tatsächlich gleich Pflegestufe 2.

Mit dieser Einstufung kann sich nun – endlich mal wieder was positives – meine Lebenshaltung erneut verändern: vom monatlichen Pflegegeld leiste ich mir bspw. je nach Terminlage, mehrmals die Woche leckeres, warmes Essen über einen Menüservice (besser bekannt als Essen auf Räder). :o)

Vom monatlichen Entlastungsbetrag (derzeit € 131,00), der anhand von vorausbezahlten Rechnungen beantragt werden kann, hat man die Möglichkeit sich Hilfe für Hausarbeiten von außerhalb zu holen, die man selbst nicht mehr einfach bewerkstelligt bekommt (bspw. Bad oder Fenster putzen). Möchte man hilfsbereiten Freunden und Nachbarn etwas geben, geht’s vom Pflegegeld ab.

Bereits ab Pflegestufe 1 hat man Anspruch auf eine sogenannte Pflegebox mit verschiedenen Hygieneartikel im Wert von derzeit € 42,00 (Einmalhandschuhe, Flächendesinfektion, Händedesinfektion, Bettschutzeinlagen, Schutzschürzen, Mundschutz). Diese Pflegeboxen kann man entweder vor Ort oder übers Internet beim Sanitätsbedarf kaufen oder – laut meiner Pflegeversicherung: man geht einmal im Monat in einen Drogeriemarkt, stellt seinen Bedarf entsprechend zusammen, reicht den Kassenbon bei der Pflegekasse ein und bekommt diesen bis zu € 42,00 erstattet.

So, nun habe ich endlich diesen Beitrag geschrieben und bereite mich auf den nächsten vor, mit dem ich mal wieder das ein und andere „Tabuthema“ brechen werde, um Betroffenen, die in einer ähnlichen bis vergleichbaren Situation (auch ohne schwere Erkrankung im Nacken) sind, hoffentlich schneller die Augen zu öffnen sowie zum Handeln zu motivieren als ich es getan habe.

*in diesem Sinn*
eure Sandra

* Zum einfacheren Verständnis: meine Chemotage sind i.d.R. freitags und eine Einheit besteht aus Tag 1 (Infusion) und Tag 8 (Infusion), sprich: innerhalb sieben Tage gibt es zwei Infusionen. Am dritten Freitag gibt es keine Infusion wodurch eine Pausephase von knapp zwei Wochen entsteht. Dann startet wieder eine Einheit: Tag 1, Tag 8, Pausephase. Sofern nicht wieder etwas Unvorhersehbares dazwischen kommt/kommen muss, ist das mein Antikrebsrhythmus der nächsten Monate…

1 Comment

  • Petra Hafen

    Hallo , liebe Sandra
    Wir denken so oft an Dich ,- besonders ich habe Dich tagtäglich in meinen Gedanken . Danke für Deinen Bericht hier über Deine derzeitige Lage. Es ist eine grosse Herausforderung .- und das schon seit einigen Jahren für Dich . Mental und körperlich . Meine Mutter sagte mal …Man kann alles erst verstehen , wenn man es selbst durchlebt hat. Stimmt absolut . Ich habe den Sinn ihrer Worte erst viel später verinnerlicht
    Wir ( Dieter und ich ) können nur erahnen ( nicht wissen ) was Du durchmachen musst. Du bist eine Kämpferin . Stark …..mit der Nase im Wind . 👍👍👍👍😎😎😎😎😎😎
    Das sind Skorpion-Menschen ja sowieso. Wir wünschen Dir ganz viel Kraft weiterhin . Es ist gut zu wissen , dass da
    tolle Leute in Deinem direkten Umfeld sind , die Dir immer zur Seite stehen. Alles Glück der Welt . Und dass das
    auch diesmal wirklich besser wird , und Du dem Krebs wieder zeigst, w e r hier siegt. Nämlich Du ….

    Viel positive Energie …bewahre Dir Dein Kämpfer – Herz ♥️👍

    https://youtu.be/is8qoXN8Wzk?si=9eVx3j6Lko96oXfA

    Es passt so genial zu Dir …🐕‍🦺🐕‍🦺🐕‍🦺🐕‍🦺🐕‍🦺🙏🙏🙏🙏🙏🙏🙏Deine 2 ,- Petra und Dieter

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