Etwa drei Wochen nach der OP verspürte ich Richtung Hand ein leichtes Drücken im rechten Arm und bekam diesen auch irgendwann nicht mehr ganz nach oben gestreckt – irgendwas Ziehendes bremste uns.
Es war ein sehr unangenehmes Gefühl und ja, manchmal tat es auch weh, sodass man schnell in eine Schonhaltung übergeht, ohne sich damit wirklich einen Gefallen zu tun.
Nachdem ich mich mit meiner Ärztin besprochen hatte, war klar, dass es sich um einen Lymphstrang Oberkante-Unterlippe handelte, der aufgrund der fehlenden Kollegen nicht wusste, wohin mit all der Suppe?
Ich erhielt die erste Verordnung von X für Lymphdrainage, damit wieder für Abfluss und Umleitung gesorgt werden konnte.
Leute, habt keine Angst vor Lymphdrainagen!! Hierbei handelt es sich lediglich um eine leichte Massage entlang des Armes, von der Hand bis zur Schulter, damit das Lymphsystem angeregt wird – ebenso wie der Patient – mit den neuen Lebensumständen im Lauf der Zeit klar zu kommen.
Ebenso empfiehlt sich ein Kompressionsarmstrumpf, um den Arm nicht unnötig dick und schmerzhaft werden zu lassen. – Mit dem Strumpf kam und komme ich um ein Vielfaches besser klar, als mit diesem f***ing Chemoport.
Circa zwei Wochen nach Beginn der Lymphdrainage, fünf Wochen nach der OP, startete schließlich die zweite Chemostrecke mit Taxol als Hauptmittel und Carboplatin als Zusatz. Letzteres aufgrund der höheren Aggressivität meines Merkels, als Anfangs angenommen. (Ja, so ist das halt mit dem Schein und Sein…)
Laut Doc lag der Focus bei der zweiten Chemostrecke auf dem neurologischen Bereich meines ehemaligen Astralkörpers, sprich: ich musste Zehen und Fingerspitzen unter verstärkte Beobachtung halten.
Neben den bisher üblichen Nebenwirkungen, an die man sich in der ersten Chemostrecke schon mal gewöhnen konnte (oder auch nicht), war es Taxol zuzuschreiben, dass die Nerven in Zehen und Fingerspitzen angegriffen werden. – Und dieses Mal gibt es kein …. angegriffen werden können. Es ist Fakt: Füße und Finger werden unkontrollierbar und damit ist wirklich Schluss mit Lustig! Vorallem für Menschen, die es gewohnt sind, mindestens die Kontrolle über sich zu haben.
Meine zweite Chemostrecke war über einen Zeitraum von weiteren 12 Wochen, einmal wöchentlich, jeden Freitag angesetzt.
Das nebenstehende Foto vom 15.09. macht ziemlich gut deutlich, wie angepisst ich im Großen und Ganzen mit der Gesamtsituation war.
Traurig? Verzweifelt? Grübelnd? Aufgeben wollend? – Als hätt‘ ich Zeit für so ’nen Scheiß!
Eine neue, „kleinere“ Nebenwirkung kam im Rahmen der trockenen Schleimhäute (und extrem faulig schmeckenden Mundhöhle) mit der Naseninnenwand dazu.
Bei wirklich KEINEM grippalen Infekt der letzten Jahrzehnte, tat meine Nase aufgrund der Austrocknung jemals SO weh! – Hey, und wenn ich schon mal jammere und Schmerzen eingestehe, will das was heißen!
Die Versuche mit einem befeuchtenden Nasenspray (Hysan) und Mundspray (Glandosan) gegen zu steuern, hätte ich mir absolut sparen können. Beide Medikamente waren trotz Beratung in der Apotheke, letzten Endes rausgeworfenes Geld.
Für den Mund fing ich irgendwann an, wie blöd Bonbons zu lutschen, um die Schleimhaut – (fast) egal wie – feucht und den fauligen Geschmack weg zu halten. Hierzu genügen stinknormale Bonbons in verschiedenen Geschmacksrichtungen ohne Zucker von irgendeinem Discounter.
Bei der Nase wurde es schon schwieriger. Auf Empfehlung des Chemo-Teams orderte ich das Nasenöl Coldastop (der Sprüher muss extra bestellt werden), das wirklich sehr gut und vorallem auch sehr schnell half. * Daumen hoch *
Wenn der Zinken dann irgendwann anfängt, unangenehm auf das Nasenöl zu reagieren, empfehle ich auf die Augen- und Nasensalbe von Bepanthen mit Dexpanthenol zu wechseln. Warum? Das werdet ihr dann schon merken.
Ich kann mich zwar (immer noch) irren, doch an Tagen, an denen ich ebenfalls wie blöd Traubenzucker in mich stopfte, fühlte ich mich auffallend besser und „fitter“.
Nicht für möglich gehalten hätte ich den Heißhunger, der sich von Jetzt auf Gleich einstellt, obwohl man in diesem Moment nicht mal an Essen gedacht hatte:
Vier Tage nach der ersten Sitzung, gab es in mir Alarm nach einem halben Huhn sowie einer Portion Spareribs; sprich: herzhaft-deftig gewürztes FLEISCH!
Leider fiel mir für Dienstag kein Hähnchenmobil in unmittelbarer Nähe ein, sodass ich mich etwa 15 Kilometer nach Singen zu einem Feststand machte.
Im Glauben, dies war eine einmalige Sache, wurde ich die folgenden drei Tage eines Besseren belehrt. Seit dieser Woche weiß ich, wo von Dienstag bis Samstag welches Grillmobil zu welchen Zeiten steht und auch wie teuer so eine extravagante Woche werden kann.
Die nachfolgenden Wochen fingen sich meine Gelüste wieder, sodass einfache Mettbrötchen mit Zwiebeln, dezentere Wurstsorten mit Essiggurken-Garnitur und die üblichen Fleischgerichte ausreichten, den Fleischfresser in mir zu befriedigen.
Mit der ersten Sitzung hatte ich zudem wohl zu viel Cortison erwischt. Wenn ich nicht gerade auf der geistigen wie praktischen Jagd nach Huhn und Schwein war, mattete ich so weit ab, dass selbst die drei Meter zur Küche in die eine oder ins Bad in die andere Richtung, bezüglich ihrer Notwendigkeit sehr gut durchdacht und mit mir selbst ausdiskutiert werden wollten.
Solche Einbrüche müssen bei der nächsten Chemositzung zwingend zur Sprache gebracht werden, vorallem wenn man ohnehin vom Chemo-Team jeden Sitzungstag nach dem aktuellen Befinden sowie dem Ergehen der letzten Tage gefragt wird. Mit Umstellung der Begleitmedikation ging es mir die folgenden Wochen verhältnismäßig super. – Es ist wirklich der absolute, positive Wahnsinn, was mit Medikamente heutzutage wie steuerbar und machbar ist.
Apropos, Begleitmedikamente: auch wenn ich im Lauf der zweiten Chemostrecke von den Tabletten gegen Übelkeit mehr benötigte als in der Ersten, aß ich in dem insgesamt knapp halbem Jahr Chemotherapie nicht ein Mal rückwärts! * yeah! *
Körperlichkeiten die sich (weiter) verschlechterten, waren neben Sprach- und Gedächtnisvermögen auch Konzentration und Leistung.
Während sich meine Finger- und Zehennägel einem rasanten Wachstum hingaben, wonach die Fingernägel genauso schnell wieder brachen, wie sich die Zehennägel härter zeigten und kaum geschnitten werden konnten, färbten sich bei mir die Fingernägel nur am oberen Rand im Bogenverlauf mittelbraun. Bei Gresy änderte sich die Farbe von Finger- und Zehennägel dagegen in richtig Schwarz, was sie unter Nagellack zu verstecken verstand.
Eine weitere Neuheit waren zunehmend schwere und schmerzende Gelenke und Knochen, wenn ich aus dem Liegen oder Sitzen (erhöht oder auf dem Boden) aufstehen wollte, die auch jetzt noch etwas anhalten. – Da braucht man wirklich keinen Alterssimulationsanzug.
Im Grunde genommen auch bei einem gesunden Mensch, dürfen Schwindelanfälle sowas von nicht unterschätzt werden! Da auch diese plötzlich auftreten können, sollte man als Verkehrsteilnehmer jeder Art (zu Fuß, mit Auto, Rad, Öffentlichen) stockehrlich zu sich sowie wirklich vorsichtig sein und in kritischen Phasen (kann Jeder nur für sich bestimmen) nach Möglichkeit gar nicht das Haus verlassen oder nur in Begleitung.
Gleiches gilt für die Nebenwirkung, die Taxol hervor rief: am Tag der Chemo mit Taxol hat man grundsätzlich Fahrverbot – und das ist gut so!
Bereits nach der zweiten Suppe begannen die Zehen abwechselnd, minimal spürbar zu kribbeln. Die Fingerspitzen folgten kurze Zeit später.
Zeitgleich bekam ich es mit massivem Blutverlust nach nahezu jedem Stuhlgang zu tun, worauf ich gegen Ende August derart schlapp war, dass ich die Rückkehr meiner Hausärztin aus dem Urlaub in eineinhalb Wochen nicht mehr abwarten wollte / konnte. In einem verantwortbaren Moment und weil Alle, die ein Auto hatten in ihrer Arbeit waren, machte ich mich frühmorgens (mit dem Auto) auf den Weg zur Vertretung.
Dort angekommen, erklärte ich worum es ging (Krebspatientin etc. pp. blabla); ich wurde neben der Theke an der Wand, auf einem Heizkörper lehnend, geparkt.
Nach etwa zwanzig Minuten spürte ich mich matt und matter werdend. Ich konnte einer der Arzthelferinnen gerade noch signalisieren, dass mir schwindlig wird. Just in dem Moment, in dem es mir den Stecker zog, das Gerippe in sich zusammen zu sacken begann, spürte ich wie durch dichten Nebel, von drei Leuten aufgefangen und in ein Behandlungszimmer gehievt zu werden. – Meine Fresse, was erwartete mich denn noch Alles?
Ein Mal im Leben einen Kreislaufkollaps erleben. – Erledigt!
Ich habe überhaupt keine Zeit (mehr), verzweifelt, schockiert, traurig, wütend blablabla zu sein. Egal ob Leben auf links gedreht bekommen, System-Wahnsinn ausgesetzt, Job weg, gewohnte Konstitution massiv eingebüßt usw. – Mich macht das weder traurig, noch schockiert es mich … es nervt mich tierisch!
Kontrollhalber überwies mich die Vertretung zur Proktologie, wohin ich gleich im Anschluss kommen konnte; kein ernsthafter Befund. Auch der Chemo-Doc wusste mir keinen Rat bezüglich des Blutverlustes. Für eine Chemopatientin hatte ich beste Blutwerte. Um auf ganz Nummer Sicher zu gehen (auch für mich als eine Art Beruhigung), gönnte ich mir in der Pause zwischen zweiter Chemo und Bestrahlung eine Darmspiegelung: Alles Ok! Haken hinter.
Die Blutungen nach dem Stuhlgang hingen höchstwahrscheinlich mit den voran gegangenen Verstopfungen durch Chemos & Co. zusammen, wodurch die Darmschleimhaut immer wieder aufs Neue „angekratzt“ und dadurch das Blut frei gesetzt wurde.
Um meinen Darm in der akuten Zeit zu beruhigen, griff ich zu einer ebenso einfachen, wie genialen Ernährung: Babybrei! Geht schnell, gibt’s warm, schmeckt lecker, sättigt eine Weile und drangsaliert bei Weiten nicht so den Darm wie „richtiges“ Essen. – Ob nach einer Zahn-OP oder um den Darm mal runter zu holen, es gibt nichts Empfehlenswerteres zu akzeptablen Preisen.
Wer meint lachen zu müssen: Schaut mal auf die Packungen: da steht deutlich ab xy Monate, nicht bis …
Ich weiß nicht, ob es mehr der zweiten Chemo oder doch eher der Gesamtsituation inklusiv dem Bürokratieschwachmatismus (dem man als Erkrankter, der schon länger hier lebt ausgesetzt wird) geschuldet war: jede noch so kleine, bislang selbstverständliche Hausarbeit wurde zu einer wahren Herkulesaufgabe.
Selbst in guten Zeiten, war es nicht mehr möglich bspw. Einkaufen, Staubsaugen, Wäsche waschen, Abspülen und vielleicht noch das Bett frisch beziehen im Lauf eines Tages zu erledigen. – Die persönliche Kapazität ist ab einem gewissen Zeitpunkt ungewohnt, gefühlt extrem, eingeschränkt. Wenn man innerhalb eines Tages ein, maximal zwei To Do’s! gebacken bekommt, darf man sich schon wie ein Held fühlen.
Als ich unter anderem nach etwa fünf Monaten „Arrest“ meine Wohnung zwar wieder riechen, dafür nicht mehr sehen konnte und für ein paar Veränderungen sorgen wollte, benötigte ich bspw. für den Austausch von drei Deckenlampen je fast zwei Stunden an drei verschiedenen Tagen, die sich nicht einmal aufeinander folgten, versteht sich. „Früher“ erledigte ich derartige Aktionen in maximal einer halben Stunde pro Lampe…
Genau wird es zwar erst in der Reha, der so genannten Anschlussheilbehandlung, ermittelt, doch aufgrund meiner eigenen Umtriebigkeit kam ich bereits in guten Phasen und komme auch jetzt, etwa fünf Wochen nach Chemo-Ende, auf eine Belastungsgrenze von maximal drei Stunden. Egal, ob ich eine Wand in der Wohnung zur Vorbereitung für eine Fototapete farbig strich oder einer Bekannten just for fun bei Gartenarbeiten half, um aus der Bude raus an die Luft zu kommen: drei Stunden, Ende! Mehr bringt die Zeller zur Zeit nicht mehr.
Ab der vierten Chemo wurde das Kribbeln und Taubheitsgefühl in Zehen und Finger stärker, blieb allerdings noch nicht 24/7, sodass bis zur siebten Sitzung das volle Programm gefahren werden konnte.
Als sich die Taxol-basierten Nebenwirkungen einen Tag nach der siebten Chemo dauerhaft zeigten, gab es in Sitzung Acht und Neun „nur“ Carboplatin. Kribbeln und Taubheitsgefühl ließen etwas nach, in Sitzung Zehn kam wieder Taxol zum Einsatz.
Diese Kombi aus Kribbeln und Stechen kann man sich in Etwa wie das von „eingeschlafenen“ Füße und Hände beim Aufwachen vorstellen.
Einziger Unterschied ist der Fokus: während das Kribbeln von „aufwachenden“ Füße und Hände weiter in das jeweils dazugehörende Bein, den dazugehörenden Arm ausstrahlt und irgendwann aufhört, bleibt das Chemo-Kribbeln / Stechen nicht nur an Ort und Stelle, es beginnt, verläuft und endet zudem völlig unkontrollierbar. – Und das ist mitunter der Grund, warum man mindestens am Chemotag selbst Fahrverbot hat.
Es kann auch vorkommen, dass man irgendwo sitzt und plötzlich jagen stechende Blitze durch die Füße, diese zucken plötzlich und / oder Hände fangen aus dem Nichts heraus an wie wild zu zittern. – Man kann es wirklich nur ausmerkeln (aussitzen) und etwaig erschrockenen, weil unwissende Menschen in nächster Nähe erklären, warum da grad was vor sich geht.
Besonders „blöd“ wird es, wenn dies während der Autofahrt vorkommt und man selbst am Steuer sitzt! Ich empfehle jedem, in der ganzen Zeit von Chemoläufen wirklich ehrlich zu / mit sich selbst zu sein sowie die Docs ernst zu nehmen! Niemand muss sich oder wem auch immer irgendwas beweisen – das kann Gesundheit, wenn nicht sogar Leben kosten! Entweder das Eigene oder das Anderer.
Deshalb: Macht Euch keinen Streß, setzt Euch nicht selbst unter Druck! Was Du heute nicht kannst besorgen, verschiebe ruhig auf über- oder überüberüberüberübermorgen!
Vor der elften Chemo war eine Sprechstunde mit dem Doc angesetzt.
Als ich ihm erzählte, dass ich eines Nachts beinahe schwer gestürzt wäre, als ich aus dem Bett aufstand, um einerseits aufs Klo zu gehen und andererseits nach der Heizung zu sehen, war für ihn die Grenze zum Verantwortlichen erreicht: die letzten beiden Chemos wurden gestrichen.
Aus dem Bett aufstehend, erreicht man in der Regel den Boden zuerst mit den Zehen. Hat man darin nun aber kein Gefühl und damit keine Kontrolle mehr – denkt nicht dran und „vergisst“ es, sich irgendwo fest zu halten, wozu ein noch nachtschlafendes Gehirn durchaus in der Lage ist … – kann es passieren, dass man im weiteren Aufstehen schlagartig den Halt verliert und der Länge nach in das nächstgelegene Regal, auf / über den nächstgelegenen Tisch oder was auch immer einschlägt.
Mit vorzeitiger Beendigung der Chemo haben meine Zehen und Finger eine Chance, sich weitestgehend wieder zu regenerieren. Die Chemostrecke auf Biegen und Brechen vollständig zu Ende bringen, hätte mir laut Doc garantiert bleibende Schädigungen an den Nerven in Zehen und Finger eingebracht.
Soll mal noch Einer sagen, die Docs schauen nur auf ihren und dem Profit der ach so bösen Pharmaindustrie.
Der Doc räumte ein, von der ersten Chemostrecke und ihren Ausgang enttäuscht zu sein; ein derart hartnäckiger Tumor käme selten vor. [Wie der Herr, so’s G’scherr, sag ich da nur.] Nichts desto trotz würde er Alles nochmal genau so machen und befürworten, wie er es bis zu diesem Zeitpunkt getan hatte.
Ok, ich vielleicht nicht. Im Nachhinein würde ich vielleicht den Klumpen bis zur zweiten Chemostrecke drin lassen, um zu sehen, ob und was sich mit der neuen „Suppe“ daran verändert. – Ich möchte allerdings nicht noch ein Mal in die Situation kommen, eine solche Entscheidung treffen zu müssen!
Meine Hoffnung, den Chemoport schnellstmöglich loswerden zu können, wurde nach diesem ganzen Chemo-Tanz Doc-seitig zunichte gemacht: trotz meines „verkapselten“, „kompakten“ Merkels ordnet er mich eher nicht der Niedrigrisikogruppe zu und empfiehlt mir deshalb die Nervensäge noch etwa zwei Jahre drin zu lassen. Boah, ne oder?
Ein weiteres „Ärgernis“, das sich während, respektive gegen Ende der (ersten?) Krebstherapie einstellen kann, ist das Karpaltunnelsyndrom und das Verrückte daran: man merkt es (erst mal) nicht!
Aufgrund der taub und pelzig machenden Nebenwirkung von Taxol bekommt man das durch KTS verursachte Missempfinden in der Lymphknoten minimierten Hand in der ersten Zeit nicht unterschieden.
Weil sich die linke Hand ruhig verhielt und zunehmend normaler wurde, während die stechenden Schmerzen in der Rechten stiegen (auffälligerweise holten sie mich anfangs gegen vier Uhr Nachts, später zwischen zwei und vier Uhr, oft auch tränentreibend, aus dem Schlaf), suchte ich schließlich meine Haus-Doc auf, die den Verdacht auf KTS in den Raum stellte. – Möglich war es.
Bereits 2015 hatte ich beidhändig Probleme, wobei damals allerdings Links schmerzführend war und deshalb als Erste operiert wurde; als Rechtshänderin gerade nochmal so davon gekommen.
Eine besonders faszinierende Eigenschaft unseres Körpers ist dieser Ausgleich, auf dessen fachlichen Begriff ich gerade nicht komme: Schmerzen wie in meinem Fall damals in beiden Händen und wird Eine operiert, kriegt sich die Andere (erst mal) wieder „von selbst“ ein.
Bei Krebspatienten, die nicht nur im Lauf der Therapie ordentlich Federn, sondern im Rahmen der OPs auch Lymphknoten lassen müssen, verhält es sich ähnlich wie bei Schwangeren:
Während sich bei Schwangeren „nur“ ordentlich Wasser im Gewebe ansammelt, muss sich bei Krebspatienten das ohnehin vorhandene Wasser (die Lymphe) durch weniger gewordenes Rohrsystem seinen Weg bahnen, sowie Neue erkennen. – Vergleichbar mit der Umleitung von einer je dreispurigen Autobahn auf die Umgehung über eine je einspurige Bundesstraße. Da hakt es dann auch ganz ordentlich, bis es mal Einer blickt, es gibt noch mehr als nur diese eine Behelfsstrecke.
Während dieser Missstand bei Schwangeren nach dem Werfen – Sorry! *grins* – nach der Geburt in der Regel wieder verschwindet, stellt er für gebeutelte Krebspatienten eine weitere, neue Belastung dar.
In meinem Fall bedeutet das aktuell (16.12.17): seit etwa dreieinhalb Wochen habe ich Probleme mit dem rechten Karpaltunnel, der Bestrahlungs-Countdown läuft am 29.12. ab und statt irgendwann im Januar endlich in Reha zu können, fängt 2018 für mich höchstwahrscheinlich mit einer neuen OP an, woraufhin ich erst nach Wundheilung hiervon in die Reha starten werden kann.
Apropos, Reha und deren Antrag! Ihr werdet es vielleicht kaum bis gar nicht glauben, was man hierbei – systemseitig versteht sich – mal wieder erleben kann. Doch hierzu an anderer Stelle mehr.
Bei Antragsstellung zur Reha machte ich die Mitarbeiterin des Sozialdienstes auf meine neuen Beschwerden aufmerksam, weil sich durch die notwendig gewordene OP der Beginn der Reha nach hinten verschieben wird.
Etwas ungläubig sah sie mich an und fragte: Ja, aber mit der eigentlichen Erkrankung (sprich: dem Krebs) habe das doch nichts zu tun?!?
Damals noch unwissend, stellte ich die Vermutung in den Raum, dass sich das KTS durch den Druck der verbliebenen, angeschwollenen Lymphbahnen und Knoten auf die Nerven bemerkbar machen könnte und ergo: die neue, operativ regelbare Erkrankung sehr wohl in Zusammenhang mit dem ganzen Drumherum und Gedöns des Krebs’ stehen könnte. – Dies wurde mir ja dann schließlich von meiner Haus-Doc bestätigt.

Die Schmerzen in der Hand wurden nach etwa drei Wochen derart unerträglich, auf ein neues Schmerzmittel (Tramadol) zur Überbrückung reagierte ich unverträglich, weshalb ich die Zeit zum ursprünglichen Termin beim Neurologen als Akutfall verkürzt und das Handgelenk nach der erfolgten Nervenmessung mit etwas Cortison unterspritzt bekam.
Wenn ich mich schon nicht ein Mal in dem halben Jahr Chemotherapien übergeben hatte, dann doch ehrenhalber und wenigstens nach Einnahme von drei Tramadol-Brausetabletten innerhalb zwei Tagen. * verrückte Welt *
*in diesem Sinn*
Eure Sandra